Anforderungsmanagement (Requirements Engineering)
Das Ermitteln von Bedürfnissen im IT-Projekt
Die Kernarbeit eines Business Analysten in einem IT-Projekt ist das Ermitteln, Dokumentieren und Verwalten von Anforderungen. Die systematische Verwaltung von Anforderungen hilft dabei, Erwartungen, Wünsche und unterschiedliche Perspektiven in einem Softwareprojekt sichtbar zu machen.
Das Requirements Engineering ist also ein wichtiger Bestandteil der Arbeit eines Business Analysten, der als Bindeglied zwischen den Stakeholdern die unterschiedlichen Interessen, Ansichten und Bedürfnisse koordiniert.
Es gibt zahlreiche Methoden, wie Anforderungen erfasst und dokumentiert werden können. Dazu zählen unstrukturierte Formen wie Post-It's, Protokolle oder E-Mails. Je nach Projekt kann ein unstrukturiertes Ermitteln von Anforderungen genügen. Bei grösseren und komplexeren IT-Projekten, die verschiedene Interessengruppen einschliessen, ist das systematische Requirements Engineering zielführender.
Anforderungen werden dabei zentral erfasst und weisen die gleiche Struktur auf. Sie sind somit nachvefolgbar, können leicht wiedergefunden werden und enthalten Informationen zur Priorisierung sowie Dringlichkeit.

Wie wird eine Anforderung erfasst?
Attribute einer strukturierten Anforderung
Das strukturierte Erfassen von Anforderungen gibt innerhalb des IT-Projekts ein definiertes Raster an Informationen vor. Einige davon sind per Definition gegeben, andere müssen bei den Stakeholdern erhoben werden. Was für Anforderungsattribute erfasst werden, ist mit den zuständigen Stakeholdern zu klären.
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Die Anforderungs-ID ermöglicht das Nachverfolgen des Requirements durch das gesamte Projekt. Dies ermöglicht es auf einfach Weise, Bezug zu Anforderung zu nehmen.
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Die Beschreibung enthält eine kurze Zusammenfassung, um was es bei der Anforderung geht.
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Bei Bedarf kann der Ablauf bereits definiert werden, um die Abfolge des Nutzerverhaltens zu definieren.
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Attribute sind Eigenschaften und charakterisieren Objekte oder Daten. So kann bei einem Onlineshop der Preis, die Grösse oder das Gewicht ein Attribut sein.
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Vorgabe: Eine Muss / Soll / Kann - Vorschrift zeigt, welche Anforderungen für die Softwarelösung zwingend und welche optional sind.
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Priorität: Die Dringlichkeit der Umsetzung gilt es mit den Beteiligten abzustimmen. Durch eine Priorisierung nach Hoch / Mittel / Niedrig wird festgelegt, wie schnell die Anforderung umzusetzen ist.
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Anforderungstypen nach IREB gliedern die Requirements in Funktionale Kriterien, Qualitätsanforderungen und Randbedingungen.
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Bei Bedarf kann die Anforderung mit dem zugehörigen Use Case verknüpft werden, um die Nachverfolgbarkeit zu gewährleisten.
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Eine User Story zeigt das Bedürfnis der Anforderung aus der Perspektive des Anwenders.
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Um nachvollziehen zu können, woher die Anforderung stammt, ist die Quelle wichtig zu erwähnen.
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Abbildungen und Visualisierungen sind für das Verständnis aller Beteiligten zentral. Entwickler und Anwender müssen die gleiche Vorstellung von der Anforderung erhalten. Abbildungen, Story Boards oder andere Visualisierungen helfen bei der Auffassung.
Grundsätze des Anforderungsmanagements
Verfolgbarkeit
Wie bereits erwähnt, ist die Verfolgbarkeit von Requirements eine wichtige Voraussetzung beim systematischen Anforderungsmanagement. Wenn Requirements nicht mehr aufgefunden werden können, unklar ist, woher sie stammen oder in welchem Status sie sich befinden, muss zeitaufwendig nachrecherchiert werden. Mit einer Quellenangabe, Anforderungs-ID und Statusangabe können Fragen effektiv bearbeitet werden.
Anforderungsattribute
Welche Anforderungsattribute (Priorität, Status, Quelle) zusätzlich erfasst werden, unterscheidet sich von Projekt zu Projekt. Wie in den Abbildungen ersichtlich, können die Dringlichkeit, der Anforderungstyp und eine User Story hilfreich sein.
Anforderungspriorisierung
Die Priorisierung kann durch die Wahl einer geeigneten Priorisierungstechnik vereinfacht werden. Mit Methoden wie MoSCoW (Must, Should, Could, Won't), Planning Poker, T-Shirt-Grössen oder dem Kano-Modell können Anforderungen priorisiert werden.
Änderungswünsche
Vorgängig zu klären, wie Änderungen (Change Requests) gehandhabt werden müssen, vereinfacht die Kommunikation wesentlich.
Eindeutigkeit und Konsistenz
Bei der Erfassung von Anforderung soll darauf Acht gegeben werden, dass diese eindeutig und konsistent dokumentiert werden. Für die Leserschaft sollten Requirements klar und unmissverständlich formuliert sein, sodass sie nur in einer einzigen Weise interpretiert werden können.
Eine konsistente Dokumentation sorgt dafür, dass keine Widersprüche zu anderen Anforderungen entstehen.
Validierung und Verifizierung
Mit der Validierung und Verifizierung wird sichergestellt, dass Fehler, Lücken und Doppelspurigkeiten bei der Anforderungsermittlung verhindert werden.
Mit einer Verifizierung wird ein Requirement in formaler Hinsicht geprüft. Wurden alle Regeln eingehalten bei der Erfassung? Sind die Anforderungsattribute vollständig erfasst? Wurden Richtlinien der Modellierung eingehalten?
Die Validierung prüft, ob mit den Lösungsanforderungen die Geschäftsanforderungen erfüllt werden können. Die Frage nach dem Mehrwert für den Stakeholder wird beantwortet. Erfüllen sie die Erwartungen?
Anforderungsmanagement in der Praxis
Wo und wann wird es eingesetzt
Das Anforderungsmanagement oder Requirements Engineering ist die Zusammenfassung der verwaltenden und administrativen Aufgaben, die sich im Rahmen der Erfassung von Bedürfnissen, Wünschen und Erwartungen ergeben.
Das systematische Ermitteln, Dokumentieren und Verwalten von Requirements schafft eine stabile Basis für ein IT-Projekt. Auf der Basis eines Anforderungsdokuments, auch Lastenheft genannt, können Entwickler Softwarelösungen entlang der Bedürfnisse der Stakeholder realisieren.
Eine Software, welche die Erwartungen erfüllt, läuft weniger Gefahr von den Anwendern nicht akzeptiert zu werden.
Success Story
Einblick in ein Kundenprojekt
Die internen Business Analysten unseres Kunden waren gerade ausgelastet wegen eines Grossprojekts.
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In den Filialen des Kunden erwarteten die Mitarbeitenden eine Anpassung am ERP.
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Die Aufnahme der Anforderungen blieb liegen und die Anpassungen im ERP wurden entsprechend nicht umgesetzt.
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Wir erhielten die Anfrage ein Lastenheft zu erstellen und das Requirements Engineering zu übernehmen. Für die Ausarbeitung des Dokuments führten wir Interviews und Beobachtungen durch, visualisierten die Use Cases und dokumentierten die Anforderungen.
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Die Dokumentation dient dem Kunden jetzt als Vorlage für weitere Projekte und ermöglichte die termingerechte Umsetzung der Anforderungen im ERP.
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